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Weihnachtsbäume, Transport, Weihnachten auf See
Weihnachtsbäume, Transport, Weihnachten auf See

Die Christmas-Tree-Ships oder Die Christbaum-Kapitäne des Lake Michigan

Ja, das gab es auch – nicht Kreuzfahrten zum Vergnügen der Passagiere, sondern Arbeit für die Freude anderer zu Weihnachten. Auch war bei diesen Seeleuten nicht nur ein Weihnachtsbaum an Bord – es waren tausende. Doch sie waren nicht geschmückt oder gar beleuchtet. Frisch geschlagen und gut festgebunden waren sie an Bord der Schiffe verstaut. Eine Wirtschaftschronik von Chicago beschreibt die Zeit um die Jahrhundertwende und erzählt unter anderem die Geschichte zweier Brüder aus Ahnapee / Wisconsin - einer kleinen Gemeinde ca. 300 Kilometer nördlich von Chicago – die in der Metropole am südlichen Ende des Lake Michigan ab 1875 tätig waren.

1875 ließ sich zunächst August Schuenemann in Chicago nieder, um hier sein Glück zu versuchen. Er kaufte sich Anteile an einem Schoner, mit dem er Frachtgut verschiffte. Wenig später folgte ihm sein Bruder Herman in die pulsierende Großstadt und schloss sich ihm an. Chicago war in dieser Zeit einer der betriebsamsten Häfen der Welt – mit über 20.000 Schiffen pro Jahr. In dieser großen Betriebsamkeit hatten es kleine Segelschiffe, wie das der Schuenemann-Brüder naturgemäß schwer, gute Aufträge zu bekommen und mussten besonders hart arbeiten, um mit den größeren Dampf getriebenen Schiffen mithalten zu können.

Damit sie konkurrenzfähig bleiben konnten, begannen die beiden Brüder, Waren nicht nur zu transportieren, sondern auch zu kaufen und wieder zu verkaufen. Den größten Teil ihres Geldes verdienten sie dabei mit Weihnachtsbäumen. Die Schuenemanns hatten sich schon bald als Christbaum-Händler einen Namen gemacht. Nur ihre Schiffe waren inzwischen alt und in schlechtem Zustand. Ein gewöhnliches Problem, das alle Eigner solch kleiner hölzerner Segelschiffe betraf – aber bei dem nicht vorhersehbaren Winterwetter auf dem Lake Michigan ein sehr ernst zu nehmendes. So kehrte August Schuenemann von einer Reise im Herbst 1898 nie zurück. Sein Schiff sank mit 3.500 Weihnachtsbäumen an Bord in einem schweren Sturm im Norden den riesigen Lake Michigan. Sein Bruder Herman, der schon bald unter dem Namen Captain Herman "Christmas Tree" Schuenemann bekannt war, führte das Geschäft weiter. Auch er verlor auf seinen Handelsreisen in den Norden des großen Sees zwei Schiffe, überlebte die Havarien aber. Er benutzte jetzt größere Schiffe als die, die sein Bruder gefahren hatte. Damit fuhr er hinauf bis an das nördlichste Ende des Lake Michigan – eine Strecke von fast 500 Kilometern – um von den Chippewa Indianern Bäume zu kaufen. Aber als guter Geschäftsmann, der ‚Captain Herman’ war, entwickelte er sich im Laufe der Jahre zu einem richtigen Unternehmer. Er kaufte die Weihnachtsbäume nicht mehr an, sondern ließ sie von eigenen Leuten fällen. Auch wurden die Christbäume in Chicago nicht mehr an Zwischenhändler sondern direkt im Hafen vom Schiff herunter an die Bürger von Chicago verkauft. Später kaufte ‚Captain Herman’ sogar eigene Waldflächen und gründete die ‚Northern Michigan Nursery’ – die ‚Nord Michigan Baumschulen’.

Bei diesen Investitionen mussten natürlich so viel Bäume wie möglich vom hohen Norden in den Süden nach Chicago gebracht werden, und jede Reise war eine Frage des Überlebens. Havarierten die Schiffe, wäre das der Bankrott gewesen – kamen die Schiffe an, wurde zwischen Erntedank und Weihnachten das Geschäft des Jahres gemacht. Auf einem Schiff der Größe der ‚Rouse Simmons’, ein Dreimaster, wie Schuenemann ihn besaß, konnten 5.000 oder mehr Christbäume transportiert werden – fest an Deck und in den Laderäumen vertäut. In trockenem Zustand waren die Bäume kein Problem. Doch wenn sie im turbulenten Winterwetter auf dem See nass wurden und gefroren konnte das nun enorme Gewicht fatale Folgen haben. Im November 1912 sank die ‚Rouse Simmons’ in einem grausamen Sturm nur 30 Seemeilen südlich von Captain Herman ‚Christmas Tree’ Schneemanns Heimatort Ahnapee / Wisconsin. Zu dieser Zeit, als die ‚Rouse Simmons’ sank, befand sich der maritime Christbaum-Handel bereits im Ausklang. Die Ära Schuenemann auf dem Lake Michigan ging ihrem Ende zu. Die Verkehrsentwicklung – der Ausbau der Eisenbahn und der Highways – machten die alten hölzernen Segelschiffe schließlich unwirtschaftlich und letztendlich überflüssig. Doch es haben wohl selten so wenige Menschen so vielen anderen Menschen eine so große Freude bereitet – nur dadurch, dass sie ihren Job gemacht haben – wie die Christbaum-Kapitäne des Lake Michigan.

Aber diese schöne Art der Christbaumanlieferung lebt im Prinzip bis heute weiter. Jedes Jahr um das Erntedankfest fahren ganze Flotten gekühlter Containerschiffe – bis zum Rand voll mit Weihnachtsbäumen – über den Pazifischen Ozean und laufen Hawaii an, um die Bewohner des Atolls mit dem geliebten Symbol eines harmonischen Festes zu versorgen.